... beim Kampener Winterzauber war was los
Der Kampener Unternehmerverein hatte geladen zum Winterzauber-Markt auf dem kleinen Kampener Areal zwischen Galerie Herold und dem Miedergeschäft, ehemals Bäckerei Speck. Budenzauber, Regionales,
Glühweinstände, Handgestricktes, mittendrin ein Karussell und schräg rüber unterm Baum ich mit meinen SYLTER SUPPEN. Es ergab sich die Chance, mit dabei zu sein. Als ich zum späten Abend dort
einparkte, das Wasser angeschlossen hatte und das Licht anknipste, kamen erste Passanten vom Dorfkrug herüber. „Neeeeiiiinnnnn, wie süß, machen Sie morgen auf? Das ist ja herrlich. Suppen, das
ist gut! Wir kommen, Naaacht“.
Das ging ja mal gut los. Bis zu Jahresanfang war täglich geöffnet, am ersten Tag waren 40 Euro Wechselgeld in der Kasse, das war´s, und meine größte Sorge war, ob die Suppe denn schmecken würde.
Ich erinnere diese 14 Tage Winterzaubermarkt als beste Vorbereitung, als Möglichkeit in einem geschützten Rahmen etwas Routine zu bekommen. Und Impulse. Die Inselprominenz ließ sich am Wochenende
blicken, auch Lokalredakteure. Schon war ich in der Tageszeitung abgebildet. Der Wagen ist fotogen, das Licht ist warm, es hängen Kochutensilien im hinteren Fenster, bei Kälte beschlagen die
Scheiben leicht. Irgendwo hinten brennt ein Petroleumlicht wie in einem alten Film. Der Wagen machte den Eindruck als stünde er schon immer hier. Manchmal glaubte ich mir selbst eine der
ersponnenen Geschichten, ich hätte den Wagen vom imaginären Onkel Franz geerbt oder auch ich hätte ihn dem Herrn Hansen abgekauft, als der nach Australien ausgewandert sei. „Endlich weg hier aus
der Kälte“ wegen der Gelenke und der Blase.
Der Wagen war so geworden, wie ich ihn mir vor Monaten vorgestellt hatte – und noch viel schöner, gerade in der Nacht oder in der Dämmerung eines Spätsommertages hat er einen eigenen Charme. Ich
selbst trage immer ein weißes Hemd und meine dunkle Schürze, das gibt ein gutes Bild ab. Ich hatte es geschafft, bei der Gestaltung kurz vor Kitsch abzubiegen. Kurz danach wäre ich in der Welt
von Circus Roncalli gelandet. Das darf ich sagen, obwohl ich als Krönung oben auf dem Dach in den Ecken noch 4 vergoldete Kugeln aufgesetzt habe. Aus einem Impuls heraus. Sie sind zu nichts gut.
Diese Akzente mussten jedoch unbedingt dorthin als Entsprechung zur Lufthutze, die sich im Wind dreht. Sie dient als passive Entlüftung der Dunstabzughaube. Flaggen, Flaggenmast, die Goldkugeln
und die Lufthutze werden zur Nacht indirekt beleuchtet. Eine schöne Wirkung. Außerdem leuchtet immer ein Globus links über der Spüle. Ich fand ihn auf dem Sperrmüll in Keitum. Er ist immer
Gesprächsstoff. Habe ich geschlossen, steht er beleuchtet auf dem Tresen. Ein klares Signal. Die Dauerbeleuchtung zahlt sich aus. So viele Leute fahren vorbei oder suchen gezielt „nach
diesem Suppenwagen von dem Franzosen“. Leider heute geschlossen, tut mir leid. Maurice schwimmt heute am Strand „Abessinien“, das ist einer vor List.
Im Zuge des Winterzaubermarktes sollte ich dann noch einen Auftrag für 30 Linsensuppen bekommen für einen Winterempfang bei mir am Wagen. Eine schöne Sache. Ich hatte alles eingekauft und war
bereit. Leider musste ich absagen. Mein VW Bus war verschwunden, spurlos. Das kann auf der Insel kaum sein. Der diensthabende Polizist: “Hier kommt nichts weg.“ Wir suchten über Stunden. Der Sylt
Shuttle wusste Bescheid, auch die Fährbetreiber. Über Facebook ging eine beispiellose Suchaktion los. Nichts zu sehen. Am nächsten Morgen kam ein Anruf, mein Wagen sei entdeckt worden auf Kampens
Wattseite. Ich gab Entwarnung. Im Stress und bei Dunkelheit hatte ich ihn schlichtweg verparkt. Genau dort hatte ich natürlich nicht gesucht. Oha, seitdem war ich im Gespräch.
Mein erster Auftritt beim Winterzaubermarkt hat im Rückblick betrachtet viel bewegt. Für mich war klar: Ich mache das, egal, wo. Ich kam hier mit Leuten in Berührung, die mir den Start in List
erleichtert haben. Greta etwa, ehemalige Wirtin des Rauchfang und eine sehr erfahrene Syltkennerin, lugte herein, probiert ein Paar Löffel Kartoffel-Möhre-Cocos-Crémesupope mit Ingwerakzent. Das
gefiel ihr. Gretas Urteil kann schroff ausfallen, Leute nehmen sich in acht. „Du bist der Bruder vom Robert Morell, hör mal, das wird was. Viel Erfolg Dir!“ Was ich erst später realisierte: Es
war eine offizielle Segnung Gretas. Wow! Auch zeigten sich hier erstmals Gastro- und Lifestyle-Blogger aus Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Sie fotografierten, arrangierten spontane Shootings an
meiner Theke. „Wir dürfen mal, ja – machen Sie einfach weiter, das ist schön so...“. So gab es erste Artikel, den Rest dafür haben sie sich von meiner Webseite geholt. Dort war ja alles fertig
angelegt.
Eine Unternehmerin mit großem Sylter-Liebhaber Netzwerk zeigte sich hier in Kampen bereits begeistert. Später sollte sie in List nochmals einen richtig großen Topf Suppe ordern, für ein
Netztwerk-Meeting am Kamin irgendwo im Inselosten. Das sind alles Leute, deren Urteil zählt, die viele Gäste zu mir schicken, die wiederum weiterempfehlen. So wird das was. In Kampen war ich
einige Tage sehr dankbar für alles. Später zeigte sich der neue Macher des Dorfkrug noch mit Frau und Kleinkind. Es mochte meine Kartoffel-Möhren-Suppe und hörte gar nicht mehr auf, nach mehr zu
verlangen. Der Vater wandte sich mit seiner Schüssel nochmal an mich: „Schmeckt super. Auch Greta findet gut, was Du machst, das bedeutet was. Was Du machst, passt in die Welt. Mach’ das auf
Deine Art. Und ob Du Koch bist oder nicht, das spielt keine Rolle, glaub mir“. Auch das war ein Segen.
Mehr davon, wie alles begann und wofür ich das alles mache in meinem Buch, das im April '20 herauskommt und das man schon bestellen kann.
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