★ "Jetzt eine Suppe"

Dieser Artikel erschien Ende Juni 2018
im Magazin “Faszination Sylt” 

200 Seiten umfasst die aktuelle Sommer-Ausgabe des Magazins, das auf Sylt von Philipp Neumann-Wolff herausgegeben wird. Es zeigt Sylt aus anderen Perspektiven und das mit interessanten Beiträgen, hervorragenden Fotos und toller Aufmachung. Ein Thema ist “Auswandern und Zurückkehren”. Mit dabei ist Maurice Morell und seine SYLTER SUPPEN. Der Portrait Text ist sehr gut geworden.

JETZT EINE SUPPE!

Sylt macht Appetit, das weiß auch Maurice Morell, der mit seinem historischen Suppenwagen in List vor Anker gegangen ist.
Und den Gästen schmeckt’s. Sehr.

Was beim letzten Kampener Winterzauber als kleine schnuckelige Attraktion zwischen Glühweinbuden und Kinderkarussell auffiel, entpuppt sich nun zur Hochsaison als beliebter Anlaufpunkt im Lister Dünenhof zwischen Sylter Eismanufaktur, Mylin, Bo Dünenstrauss und Stephan Boya. Die Besucher müssen sich hier entscheiden – erst das Eis und dann die Suppe, oder andersherum? Der Suppenanhänger steht hier, als stünde er schon 40 Jahre hier. Er erinnert an einen Strandwagen, tritt man näher, erkennt man, mit wieviel Liebe ihn der Gründer restauriert hat.

 

Wo sich Urlaubsgäste und Insulaner treffen

 

Morell bietet Suppen, täglich frisch gemacht mit Sylter Bio-Gemüsen, mit Lister Salz selbstverständlich und mit Sylter Wasser und mit Kräutern von der Insel. „Das gab es bisher so noch nicht“, meint der 58-jährige. „Ich bringe Premium-Suppen sozusagen auf Bordsteinkanten-Niveau. Ich wollte ehrliche regionale Suppen anbieten, und sonst nichts. Kein Prosecco, kein Schischi, dafür alles aus besten Zutaten und mit Liebe gemacht. Und nichts vom Tier dabei, vegan, und dann auch noch lecker“. Dass das Konzept aufgeht, beweist die hohe Zahl an Stammgästen. Hinterm Hänger ziehen sich einige Suppenliebhaber zwischen dem Dünengras in geschützte Mulden zurück. Man sitzt hier bequem und kommt in Kontakt oder findet endlich etwas Ruhe und Abstand von Inselstress und Urlaubs-Ich. Einige haben Krüge, Töpfe oder Tupperware mitgebracht. Es gehen einige Liter über den Tresen. Für die ganze Familie, für eine Single-Portion am Arbeitsplatz oder zum Einfrieren fürs Wochenende. Eine Dame aus Hagen hat sich einen Kochtopf füllen lassen, 4 Liter immerhin. „Heute bleibt die Küche kalt, wir machen es uns mit Suppe gemütlich“, meint sie. Andere in der Schlange recken die Daumen hoch.

 

Wie alles anfing: Kampen ’71

 

Maurice stammt aus einer Künstlerfamilie und wuchs in Worpswede bei Bremen auf. Die Eltern entdeckten Sylt ’71 für sich und fortan reiste die 6-köpfige Familie zu jeder Ferienzeit nach Kampen. „Wir haben damals schon gemerkt, dass die Insel gut tut“ Nach ausgedehnten Tagen am Strand ging es in die Kupferkanne, nach Munkmarsch in die Blaumuschel essen und auch in den Ziegenstall von Valeska Gert durften alle mit. „Ein einschneidendes Erlebnis“, so Morell. „Die Eltern tranken Rotwein, wir Sinalco Brause und staunten nicht schlecht. Überall lag Stroh, Kerzen brannten und die männliche Bedienung trug Frack und Zylinder, die jungen Frauen dünne Kleider, einige sangen später“. In der kleinen Kampener Kult-Bar unter Reet trafen Unternehmer auf Lebenskünstler, Politiker auf Schauspieler samt Gefolge und die Zaungäste hatten ihre Freude, Zeuge eines großen Schauspiels zu sein. Später in den 80ern kam Morell als Student hoch, die Eltern besuchen, die auf dem Kampener Campingplatz zwei Caravans hatten. Einer war Vater’s Sommer-Atelier. Er aquarellierte mit feinem roten Gesteinsmehl vom Morsum Kliff und brachte sein Kampener Skizzenbuch heraus. 

 

Der Ausstieg, der ein Einstieg war

 

„Ich steckte in einer veritablen Krise vor 6 Jahren“, erinnert sich Maurice Morell. Nach Stationen in der Werbung und beim Privatfernsehen in Hamburg, der Übernahme eines Feinkostgeschäftes und dem Aufbau eines Seminar- und Gästehauses an der Schlei arbeitete er als freier PR-Berater. Recht erfolgreich, jedoch stiegen die Kunden nacheinander aus, verabschiedeten sich. Krise. Mittendrin, Morell arbeitete mittlerweile als House-Sitter in Buxtehude, rief sein Bruder Robert Morell an. Er war schon seit Jahren auf der Insel, hatte Metallbauer gelernt, eine Familie und eine Firma  gegründet. Und er hatte mutig einen großen Auftrag angenommen: Die Restaurierung des Kampener Quermarkenfeuers Rotes Kliff. Der Metallaufbau war durch Witterungseinflüsse marode geworden. „Du kommst jetzt hoch, Bruder. Krise hin, Krise her, es gibt zu tun“ Robert war es ernst damit. „Wir machen das zusammen“ Schließlich waren es beide Brüder, ältester und jüngster, die ’71 durch die offenstehende Tür des Leuchtturms die Wendeltreppe hochliefen, um von dort den grandiosen Ausblick aufs Strandgeschehen zu genießen. Bruder Maurice sagte sofort zu. Er wohnte mittlerweile in einem Oldtimer-Wohnmobil, das steuerte er über Dänemark auf den Kampener Campingplatz. Ein halbes Jahr dauerte die brüderliche Zusammenarbeit bei Wind und Wetter. „Wir hatten ganz viel Glück und das Ergebnis lässt sich sehen“. Zur 100-Jahrfeier des Quermarkenfeuers war die Turmspitze runderneuert und strahlt seitdem weiß unter grasgrünem Dach.


Suppe – ein Projekt unter mehreren

 

Fragt man Maurice, wie alles mit den Suppen begann, meint er „Ich folge nur noch der Freude“. Das glaubt man ihm. Es ist Programm. Er nimmt nicht mehr jeden PR-Auftrag an. Er konzipiert Webseiten, schreibt Texte, arbeitet an Markenkonzepten und an ganz eigenen Unternehmungen. Während seiner Arbeit an der Aussenbar der Westerländer Crêperie am Meer bei Freund Mario kamen Menschen auf ihn zu. Sie fragten, wer sie denn begleiten können auf Wegen am Strand. Morell wusste keine Antwort darauf und bot sich einfach selbst an. So ist er heute auch der „Inselgeher“. Zuletzt begleitete er eine Dame, die noch einmal den Ellenbogen umrunden wollte. „Es schien ihr wichtig in ihrem fortgeschrittenem Alter“. Danach sagte sie „Jetzt ist es rund, das ist gut, ich habe es noch einmal getan“. Morell sieht sich hier als Ermöglicher. Als einer, der einfach da ist. Einer, der etwas macht „mit Menschen“.

So ist die Suppenarbeit in diesem Zusammenhang auch zu sehen. „Menschen machen auf der Insel neue Erfahrungen“ Sie kommen aus den Zentren und nehmen viel mit hierher. Viel Verspannung, viele Fragen, auch Frust. „Hier kommt es dann hervor, zeigt sich im Reizklima“. Hierfür sei die Insel ja auch gut, meint Morell. Hier kann Klärung geschehen. Wenn man länger hier lebt wie er, „wird man auf sich selbst zurückgeworfen“. Das ist ein Prozess, dem sich jeder stellen muss. Das ist nichts für jeden. „Die Natur ist so stark, ich habe als Strandkorbvermieter zwei Saisons erstaunliche Wetterphänomene erlebt. Oder die Wucht des Wassers beim Brandungsschwimmen. Da wird man ganz klein und demütig. Und Erfahrungen mit der Anspruchslage der Gäste hat er gemacht, mit deren unausgesprochenen Erwartungen und Sehnsüchten“, so Morell. „Mir ist nichts Menschliches fremd. Es rückt sich alles zurecht, das Wesentliche tritt nach vorn“ So ist ihm das Barfusslaufen von April bis Oktober wichtig geworden, und Zeit für sich zu haben und für lebendige menschliche Begegnungen. Er liebt auch diese scheinbar nie endende Urlaubsstimmung, das Leben ohne Uhr – manchmal weiß er nicht, welchen Wochentag wir haben. „Sylt“, sagt er, „liebt man oder hasst man, dazwischen gibt es nichts offenbar“ Diverse „Inselkoller“ hatte er auch schon. Für Minuten oder Stunden. Der Winter war sehr lang und zugig und dunkel. Da hilft Festlandkontakt. „Ich fahre in die Heimat, umarme die Bäume, rieche an der Ackerkrume“ Dann ist alles wieder gut und spätestens auf dem Hindenburgdamm beim Blick aufs Watt ist er versöhnt und
„Was mit Menschen“, das trifft es, sagt Morell. „Ja, das ist es hier“

 


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Adresse:

 Dünenstraße 1, im Sylter Dünenhof List gegenüber A-Rosa Hotel. Parkplatz hinter der Sylter Eismanufaktur.
Zwischen Mylin, Stephan Boya und Bo Dünenstrauss.


Öffnungszeiten:

Dienstag bis Donnerstag ab 12 Uhr, solange der Vorrat reicht. Jeder Tag ist anders. Zur Hochsaison wandelt sich der Wagen mehr hin zur reinen Mittagsversorgung. Bis 13:30 Uhr sind dann meist noch alle drei Suppen zu haben, danach solange der Vorrat reicht. Im Zweifel Anruf. Reservierungen sind nicht möglich. Wer kommt, der kommt.

 

Suppen auch TO GO:
Gern eigene Behältnisse, auch Töpfe, mitbringen. Sonst Ausgabe in Pappbechern mit nachwachsenden Deckeln. No Plastic!

 

Bei Regen und Sturm:
Unter dem Vordach löffeln oder die Schüssel einfach mit ins Auto nehmen.

 

Restsuppen retten
Suppenreste sind zu schade zum Wegkippen. Sie können frische Restsuppen ggf. per App günstig bis 17 Uhr ordern 
und zum späteren Nachmittag oder Abend abholen. toogoodtogo.de App:



SYLTER SUPPEN
Maurice Morell
Dünenstraße 1
25992 List

Tel: (0160) 430 70 70
mm@mauricemorell.de

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